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KUNIKO - Xenakis: IX - BR Klassik ‚,Leporello‘‘

Der griechische Komponist Iannis Xenakis hat einige der wichtigsten Schlagzeug-Werke des 20. Jahrhunderts geschrieben. Zwei davon hat die japanische Perkussionistin Kuniko Kato, die sich einfach "Kuniko" nennt, jetzt für das schottische Label Linn Records eingespielt.

Wie klingt es, das Funkeln einiger hell leuchtender Sterne am Nachthimmel? "Pléïades" - so heißt eine Komposition von Iannis Xenakis - Plejaden, das ist eine Sternformation, ein Teil der Milchstraße. Iannis Xenakis hat einen Satz seines Werks für ein Instrument geschrieben, das er "Sixxen" genant hat. Er hat dieses spezielle Metall-Glockenspiel für seine "Pléïades" eigens erfunden. Es ist nicht in konventionellen Halb- oder Ganztonschritten gestimmt, sondern in kleineren, sogenannten Mikrotonalen-Abständen, Viertel- und Drittel-Tönen. "Sixxen" - Xen, die zweite Silbe steht für Xenakis. Six steht für die sechs Spieler, die hier spielen sollen. Eigentlich.

Mehr als Spektakel

Die japanische Perkussionistin Kuniko hat sich das wahnsinnig schwierige Stück allein vorgenommen. Sie hat alle sechs Parts nacheinander eingespielt, im Studio wurde dann alles zusammengefügt und auf dieser SACD klanglich perfekt konserviert. Man kann sich im Internet ein Video anschauen, wie sechs wie geklont wirkende Kunikos einen Satz aus den "Pléïades" spielen. Eine Kunst-Performance. Das Ganze ist aber viel mehr als Spektakel: Denn Kuniko hat ihre eigene Sprache, und von der wird hier jede der sechs Stimmen getragen. Kuniko ist eine Tänzerin an ihren Perkussionsinstrumenten - man spürt ihre Körperspannung zwischen den Tönen, man fühlt, wie sie im Raum nach den einzelnen Klängen greift. Jede Bewegung ist genau bemessen, und so arbeitet sie mit jedem Takt die Schönheit der Musik des großen Klang-Architekten Xenakis heraus. Egal ob an konventionellen Stabspielen, speziellen Metallinstrumenten oder an den Trommeln. Hier entstehen wunderbare akustische Skulpturen - als würden sich im Sternenhimmel dreidimensionale Figuren bilden. Die können sich zart umfließen oder: Die Muskeln spielen lassen. Xenakis habe die "Pléïades" als Musik für eine Tanz-Performance angelegt, diesen Aspekt betont Kuniko in ihren Booklet-Anmerkungen. Und dass sie das im Kopf hatte, das hört man ihrer Interpretation deutlich an.

Klarheit und Präzision

Kraftvolles Trommelfeuerwerk gibt's auch - aber eine Ebene großer Klarheit und Präzision verlässt Kuniko nie. Mit "Rebonds" präsentiert Kuniko auf dieser CD auch Xenakis größten Perkussions-Hit, ein Stück für einen Schlagzeug-Solisten. Im ersten Teil bilden sich langsam polyrhytmische Strukturen, das heißt, unterschiedliche rhythmische Figuren werden gegeneinander gestellt, was ein bisschen wie ein Stolpern im Takt klingt. Kuniko greift so geschickt die von Xenakis vorgegebene Phrasierung auf, dass die Musik zu pulsieren beginnt, atmet. Den vermeintlich so kalten Trommelklängen so viel Leben einzuhauchen, das ist große Kunst.

BR Klassik ‚,Leporello‘‘
02 June 2015