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Katherine Bryan - Silver Bow - Ouverture Das Klassik-Blog

In früheren Jahrhunderten war die Entscheidung für eine Besetzung einfach: Es spielten die Instrumente, die vorhanden waren, so, wie es zu den jeweils erforderlichen Stimmen passte. Innovationen, wie die Erfin- dung der Traversflöte, und modische Trends, wie die Einführung der „höfischen“ Geige auch ins bürger- liche Musikleben, wo die Violine einst den Zink aufs Altenteil schickte, veränderten die Zusammensetzung des Ensembles. Doch erst im Spät- barock entstanden die ersten Partien mehr oder minder speziell für ein Instrument. Und noch die Romantiker gaben, freilich vor allem auf Drängen ihrer Musikverleger, Besetzungsalternativen an.

Insofern ist es kein Tabubruch, wenn eine Flötistin Werke spielt, die für die Violine geschrieben worden sind. „My reason for recording this selection of repertoire is a desire to offer a new perspective on familiar composi- tions“, erläutert Katherine Bryan im Beiheft zu dieser CD. „Today the modern flute is able to transport its listeners through many emotions, evoking numerous sound colours and nuances, and is capable of speaking above an orchestra. I feel that primarly, I am a musician rather than a flautist, and most importantly, I see my instrument simply as a vehicle through which to interpret music.“

Das gelingt Bryan sehr beeindruckend. Sie startet mit Ralph Vaughan Williams' The Lark Ascending – und falls tatsächlich jemand dieses Werk nicht kennt, dann dürfte er denken, nachdem er ihre Interpretation gehört hat, es sei für die Flöte entstanden. Exzellent gelungen erklingen auch musikalische Evergreens wie Introduction et Rondo capriccioso op. 28 und Romanze op. 37 von Camille Saint-Saens, die Serenade Nr. 1 von Frantisek Drdla, Liebesleid von Fritz Kreisler, oder aber die unvermeidliche Meditation aus Thais von Jules Massenet. Zu hören sind zudem Caprice Nr. 24 von Niccolo Paganini, und die Zigeunerweisen op. 20 von Pablo de Sarasate. Bei den meisten Stücken musiziert Katherine Bryan gemeinsam mit dem Royal Scottish National Orchestra unter Jac van Steen. Sämtliche Transkriptionen und Bearbeitungen der Violinstimmen für die Flöte hat die Solistin selbst vorgenommen. Dabei ist ihr sogar eine Ent- deckung gelungen: Die Romanze vom Dmitri Schostakowitsch stammt aus einer Suite mit Musik zu dem Film Die Pferdebremse. Dieses Stück ist wenig bekannt, es hat mit seiner herrlichen Kantilene aber eigentlich das Zeug zum Wunschkonzert-Hit. Und man wird feststellen, dass die Flöte bei den allermeisten Werken auf dieser CD durchaus eine interessante Alternative zur Violine bieten kann – wenn sie denn so virtuos gespielt wird, wie in diesem Falle. Katherine Bryan musiziert höchst durchdacht und präzise, und mit farbenreichem, wandelbaren Ton, stets und in jeder Lage kontrolliert und auf den Punkt. Hörenswert!

Ouverture Das Klassik-Blog
07 February 2016