Robin Ticciati & DSO - Debussy & Faure - SWR2
Und ich bleibe im französischen Repertoire und bei den Frauen, jedenfalls mittelbar, und stelle Ihnen jetzt eine Dirigenten-Orchester-Konstellation vor, die noch ziemlich jung ist, genau genommen kaum ein halbes Jahr alt. Robin Ticciati heißt der neue Chef des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, ein Engländer mit italienischen Wurzeln, 34 Jahre alt, opernerfahren, ausgebildeter Geiger, Pianist und Schlagzeuger. Dass Ticciati für seine erste CD im neuen Amt mit Fauré und Debussy ein rein französisches Programm wählt, lässt tief blicken. Offenbar geht es ihm ums Zeigen von Farben, um Klangvaleurs, um Atmosphäre. Dabei im Zentrum: Maurice Maeterlincks symbolistisches Drama "Pelléas et Mélisande". Bei Gabriel Fauré klingt Mélisandes Tod bei aller Tragik und allen Gesten des Abschieds auf eine ganz wundersame Weise schwerelos.
<Gabriel Fauré: "Pelléas et Mélisande" op. 80, "La Mort de Mélisande" 4:30>
"La Mort de Mélisande", der Tod der Mélisande, aus Gabriel Faurés Orchestersuite "Pelléas et Mélisande" op. 80 von 1898. Schnelle Modulationen in entlegenen Harmonien: Das ist das Geheimnis dieser Tonsprache, das lässt sie schillern und schweben, und Robin Ticciati und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin sprechen diese Sprache mit einer großen Natürlichkeit, fast als hätten sie nie eine andere gesprochen. Überhaupt merkt man, dass Orchester und Dirigent zueinander wollen, sich aneinander und aufeinander freuen. Da ist ein Engagement in den einzelnen Instrumentengruppen hörbar, in den Streichern, in den Holzbläsern, das es vor Ticciati so nicht unbedingt gegeben hat. In Berlin mag sich der junge Engländer noch ein bisschen schwer tun, auch weil ein anderer Junger, Vladimir Jurowski beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, ihm die Pole Position streitig macht, durch betont spektakuläre Konzertprogramme; musikalisch aber und beziehungstechnisch ist Ticciati auf einem guten Weg. Im Gespräch zwischen dem Wind und dem Meer aus Debussys Tondichtung "La mer" kann man das besonders gut hören. Achten Sie doch einmal darauf, wie viel Körper diese Interpretation hat, fast ist man versucht zu sagen, wie viel "deutschen" Körper, bei aller Flüchtigkeit der Elemente und allem klanglichen Impressionismus.
<Claude Debussy: "La mer", "Dialoque du vent et de la mer" 8:30>
Ein vielversprechendes CD-Debüt: das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter seinem neue Chefdirigenten Robin Ticciati mit dem letzten Satz, "Dialogue du vent et de la mer", aus Debussys Tondichtung "La mer".