Peter Whelan - The Proud Bassoon - Kulture Radio
The Proud Bassoon
Rundum hörenswerte Zeitreise durch die Welt des Fagotts
Für die meisten unter uns ist das Fagott sehr stark besetzt: mit der Großvaterrolle in „Peter und er Wolf" von Prokofjew. Hier erklingt das Fagott gemütlich und auch ein wenig mürrisch. Aber das Fagott ist mehr, kann mehr - immerhin hat Vivaldi schon fast 40 Fagott-Konzerte hinterlassen (diese Gattung hat er gleich nach den Violinkonzerten am meisten bedient). Wie das Fagott in der Barockzeit zu seiner Solistenrolle kam, zeigt die neue CD von Peter Whelan. Hier finden sich die ersten Werke, in denen das Fagott ausdrücklich als Soloinstrument gefordert wurde - eine Zeitreise also.
Warmer Ton
Das „Urfagott" hatte viele Namen: Dulzian,
Bass-Schalmei oder Pommer. Es war ein ziemlich schrullig - schrilles,
primitives Instrument, das sich wohl auch relativ schnell erlernen ließ - dem
entsprechend wurden die Fagottisten früher eher belächelt. Und doch gab es
versierte Musiker, die mehr mit ihrem Instrument zeigen wollten und so suchten
sie die Instrumentenbauer auf und kreierten neue Modelle. So waren es vor allem
die französische Werkstätten, in denen Instrumente entstanden, die dem Fagott
ein neues Klangspektrum eröffneten und so ungekannte lyrische Momente
ermöglichten. Das Fagott bekam eine sehr schöne Tenorstimme, die man nun auch
solistisch verwerten konnte. Zuerst in kleineren Passagen innerhalb von
Orchesterwerken -
und von da an war der Sprung nicht weit zum ersten Stück, in dem das Fagott
dann endlich als Soloinstrument benannt wurde. Zum Beispiel von Boismortier,
von Couperin, Telemann und Fasch.
Natürlich empfinden wir heute diese Instrumente noch immer als recht rau. Der
Fagottnachbau von Peter Wehlan (Paris um 1770) hat aber auch etwas Würziges,
nicht ohne Wärme.
Und auf der CD findet sich eine wirklich schöne und intelligente Auswahl erster
barocker Fagott-Solisten-Stücke. Seine ganze Klangbreite ist in den Stücken
aufgeblättert: mal spielt der Komponist mit dem Wechsel der Register: also mit
prickelnden Sprüngen vom rauen tiefen Register zu den Tenorhöhen. Dann wieder
wird das neue Melodiöse ausgekostet. Beneidenswert dabei der butterweiche
Ansatz von Peter Whelan - ein Name, den man sich in der Fagott-Szene wohl
merken sollte.
Meisterlich im "erzählenden Musizieren"
Er stammt aus Irland, dort hat er auch
hauptsächlich seine musikalische Ausbildung genossen. Inzwischen ist er
Solofagottist des Scottish Chamber Orchestra (seit 2008). Seinen musikalischen
Feinschliff hat er vor allem in Basel bekommen, an der Hochschule bei Sergio
Azzolini - ein bekannter Fachmann für alte Fagottliteratur. In unserem
Sendegeiet war er etliche Jahre tätig als Leiter der Kammerakademie Potsdam. Azzolini
legt in seinen Stunden immer großen Wert auf das „erzählende Musizieren", auf
den agilen Einsatz des Instrumentes und seiner Klangfarben. Azzolini ist ein
Fagottist, der nie auf seinem Stuhl ruhig sitzen bleiben kann, sondern auch
ganz körperlich spielt - und so scheint es auch bei Peter Whelan zu sein.
In Basel gründete er auch das Ensembel Marsyas, ein Original-Klang-Ensemble",
das inzwischen in Edinburgh zu Hause ist.
Marsyas? Der antike Gegenpol zu Apollon - ein panartiger Begleiter der Athene -
der Apollon zu einem Musikwettstreit herausforderte - und verlor. Dieser Name
könnte als Kampfansage verstanden werden, denn das Ensemble muss sich in einer
inzwischen sehr großen Alte-Musik-Szene behaupten. Dabei müssen sich die
Musiker nicht verstecken. Sie spielen sehr homogen, ihr Gesamtklang hat etwas
Samtiges. Hier sind sechs Musiker auf einer Wellenlänge.
Sehr gelungen ist auch die Mikrophonierung, die das Fagott nicht zu sehr in den
Vordergrund stellt. Der Solist klingt immer aus der Mitte der Ensembles heraus.
Gesamturteil: rundum hörenswert.